Das Ende der Third-Party-Cookies ist längst beschlossene Sache.
Google hat im Chrome-Browser bereits mit dem Ausrollen begonnen, andere Browser sind längst weiter.
Für CX-Teams, Marketing und Produktentwicklung beginnt damit ein neues Kapitel im Umgang mit Nutzerdaten.
Doch was kommt jetzt?
Worum geht es in diesem Beitrag?
In diesem Beitrag erfährst du, welche Alternativen Unternehmen für die Zeit nach den Third-Party-Cookies haben und wie sich diese Technologien auf Customer Experience und Personalisierung auswirken. Ob du im Marketing arbeitest, in der CX-Strategie oder digitale Touchpoints verantwortest: Dieser Überblick hilft dir, dich besser auf die cookielose Zukunft vorzubereiten.
Warum Third-Party-Cookies verschwinden
Third-Party-Cookies wurden über Jahre hinweg für Nutzer-Tracking, Retargeting und personalisierte Werbung genutzt.
Sie ermöglichten es Werbetreibenden, Nutzer über mehrere Websites hinweg zu identifizieren, oft ohne deren Wissen. Doch genau darin liegt das Problem: mangelnde Transparenz und fehlende Kontrolle durch die Nutzer.
Seit der DSGVO (2018) und der ePrivacy-Richtlinie rücken Datenschutz, Einwilligungsmanagement und Zweckbindung stärker in den Fokus.
Browserhersteller wie Mozilla (Firefox) und Apple (Safari) blockieren Third-Party-Cookies standardmäßig schon länger.
Google zog mit Chrome nach, was angesichts des Marktanteils von über 60 % das Ende dieser Technologie besiegelt hat.
Für CX-Verantwortliche bedeutet das: Modelle zur Nutzererkennung, Segmentierung und Personalisierung müssen neu gedacht werden, und zwar auf einer Basis, die technisch wie rechtlich zukunftsfähig ist.
First-Party-Daten: das neue Gold
First-Party-Daten sind Informationen, die direkt vom Nutzer an eine Marke oder Plattform übermittelt werden; bewusst und freiwillig. Dazu zählen etwa Anmeldedaten, Nutzerverhalten innerhalb der eigenen Website oder App, Präferenzen in einem Kundenkonto oder Rückmeldungen aus Feedback-Formularen.
Anders als bei Third-Party-Cookies erfolgt die Datenerhebung bei First-Party-Daten ohne „Mittelsmann“ und unter voller Kontrolle des datenverarbeitenden Unternehmens. Das erhöht nicht nur die Datenschutzkonformität, sondern verbessert auch die Qualität der Daten: Sie sind aktueller, genauer und stärker kontextbezogen.
Technisch relevant: First-Party-Cookies bleiben im Browser bestehen, also lokal auf der Domain des Websitebetreibers, und sind damit nicht von Browserrestriktionen betroffen. Zudem lassen sich diese Daten in CDPs (Customer Data Platforms) oder CRM-Systemen konsolidieren, segmentieren und nach wie vor für personalisierte Customer Journeys nutzen.
Praxisbeispiel: Die Deutsche Bahn nutzt über ihr Kundenportal „Meine Bahn“ Profilinformationen, Reisehistorien und hinterlegte Präferenzen, um individualisierte Angebote und Inhalte auszuspielen, beispielsweise personalisierte BahnBonus-Empfehlungen oder zielgerichtete Erinnerungen für Vielreisende.
CX-Tipp: Optimiere Touchpoints gezielt auf Datenerhebung, beispielsweise durch Micro-Conversions (Download, Registrierung, Umfrage). Wichtig ist: Nutzer:innen müssen jederzeit nachvollziehen können, was mit ihren Daten geschieht und welchen Mehrwert sie erhalten.
Kontextuelles Targeting: zurück zum Content
Kontextuelles Targeting ist eine „alte“ Methode, die im cookielosen Zeitalter eine Renaissance erlebt. Dabei wird die Ausspielung von Werbemitteln nicht auf Basis individueller Nutzerprofile, sondern auf Grundlage des Seiteninhalts oder der Metadaten (Thema, Textstruktur, Keywords) gesteuert.
Technische Grundlage: Moderne kontextuelle Targeting-Systeme arbeiten mit NLP (Natural Language Processing) und semantischer Analyse, um den Content einer Seite thematisch genau zu erfassen. Auf dieser Basis werden Anzeigen ausgespielt, die thematisch dazu passen, etwa ein Hotelangebot auf einem Reiseblog oder ein Versicherungsprodukt auf einer Seite über Altersvorsorge.
Relevanz für CX: Kontextuelles Targeting ist datensparsam, funktioniert ohne Einwilligung und wird von vielen Nutzer:innen als weniger invasiv empfunden. Die Personalisierung erfolgt nicht auf Personen-, sondern auf Themenebene, was besonders in frühen Phasen der Customer Journey (Awareness, Interest) sehr gut funktioniert.
Vorteile:
- Keine personenbezogenen Daten erforderlich
- DSGVO-konform ohne Cookie-Banner
- Themenrelevanz erzeugt natürliche Aufmerksamkeit
Limitationen: Die Nutzerintention ist schwieriger zu erfassen. Ohne Nutzerhistorie bleibt z. B. offen, ob der Besuch tatsächlich mit einer Kaufabsicht verknüpft ist. Auch Frequency Capping oder Attributionsmodelle lassen sich nur eingeschränkt realisieren.
Dos & Don’ts:
- Inhalte und Werbemittel aufeinander abstimmen
- Semantische Matching-Systeme nutzen (z. B. von contextual.ai oder Peer39)
- Pauschales Umfeld-Targeting ohne Feinabstimmung vermeiden
Privacy Sandbox, ID-Lösungen und Clean Rooms – neue technische Alternativen
Technologieanbieter und Plattformen entwickeln neue Lösungen, um auch ohne personenbezogenes Tracking Werbung, Personalisierung und CX-Messung zu ermöglichen.
Drei zentrale Ansätze stehen aktuell im Fokus:
Google Privacy Sandbox
Die Privacy Sandbox ist Googles Antwort auf das Ende der Third-Party-Cookies. Es handelt sich um ein Set an browserbasierten APIs, das Werbeziele wie Targeting, Conversion-Tracking oder Retargeting ermöglichen soll, ohne einzelne Nutzer zu identifizieren.
Wichtige Komponenten:
- Topics API: Der Browser analysiert das Surfverhalten lokal und weist dem Nutzer thematische Interessen (z. B. „Fitness“, „Reisen“) zu. Werbetreibende erhalten Zugriff auf diese Kategorien, nicht auf einzelne Nutzerprofile.
- Protected Audience API (vormals FLEDGE): Retargeting erfolgt innerhalb geschlossener Nutzergruppen (Interest Groups), die lokal im Browser gespeichert werden.
Status: Die Privacy Sandbox ist seit Anfang 2024 in der Rollout-Phase. Google plant die vollständige Umstellung in 2025, inklusive Deaktivierung der letzten Third-Party-Cookies in Chrome.
CX-Ausblick: Die Sandbox-Lösungen sind technisch komplex und vor allem für große Advertiser relevant.
Der Vorteil: Nutzerinformationen bleiben lokal, was Datenschutz und Transparenz verbessert.
Der Nachteil: Eingeschränkte Cross-Channel-Personalisierung und geringe Steuerbarkeit aus CX-Perspektive.
Unified ID 2.0, ID5 & Co.
Diese ID-Lösungen setzen auf pseudonymisierte Nutzerkennungen, häufig basierend auf der Hashing-Funktion von E-Mail-Adressen, die nach aktiver Einwilligung gespeichert wurden. Sie ermöglichen zielgerichtetes Targeting über mehrere Publisher hinweg, ohne auf Cookies angewiesen zu sein.
Technische Voraussetzung: Der Nutzer muss sich bei einem Publisher anmelden und der Verwendung der ID zustimmen. Die ID wird dann mit anderen Plattformen synchronisiert, unter Einhaltung definierter Datenschutzregeln.
Rechtlicher Hinweis: In Europa ist der Einsatz dieser IDs nicht unkritisch. Die Datenschutzbehörden sehen in vielen Fällen keinen ausreichenden Rechtsrahmen, insbesondere, wenn die Nutzer-ID domainübergreifend weitergegeben wird. Eine DSGVO-konforme Umsetzung ist nur mit granularen Opt-ins denkbar.
Data Clean Rooms
Clean Rooms ermöglichen es Unternehmen, ihre First-Party-Daten mit Daten anderer Partner (z. B. Retailer, Publisher, Plattformen) zusammenzuführen, ohne Rohdaten auszutauschen. Stattdessen erfolgt die Analyse innerhalb einer neutralen, verschlüsselten Umgebung, oft über definierte Abfragen (SQL) oder sichere Schnittstellen.
Anwendungsfälle in der CX:
- Kampagnenwirkung in geschlossenen Zielgruppen messen
- Segmentvergleiche über verschiedene Kanäle hinweg durchführen
- Datenbasierte Kooperationen zwischen Marken aufbauen (z. B. FMCG + Retail)
Vorteil: Starke Kontrolle über Datenzugriffe und hohe Datenschutzkonformität bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn für personalisierte CX-Maßnahmen.
Fazit: Cookielose CX ist machbar, aber strategisch anspruchsvoll
Das Ende der Third-Party-Cookies zwingt Unternehmen dazu, sich intensiver mit ihrer Datenstrategie auseinanderzusetzen, und genau das ist eine Chance.
Wer First-Party-Daten intelligent nutzt, moderne Technologien versteht und nutzerzentrierte Kommunikation priorisiert, kann auch ohne Third-Party-Tracking relevante Kundenerlebnisse gestalten.
5 Impulse für deinen cookielosen CX-Fahrplan:
- Stärke deine First-Party-Datenstrategie: Transparenz und Mehrwert sind dabei entscheidend.
- Nutze kontextuelle Inhalte, um datenarme Phasen der Journey intelligent zu bespielen.
- Beobachte technische Alternativen wie Privacy Sandbox oder Clean Rooms und prüfe deren CX-Potenzial.
- Verbinde rechtliche, technologische und strategische Perspektiven in einem integrierten Datenmodell.
- Schaffe einheitliche Consent-Mechanismen über alle Kanäle hinweg – Vertrauen ist das neue Targeting.
