„Investitionen in digitale Technologien müssen die Customer Experience verbessern“. Dem stimmen 81 % der CIOs in der Mobility-Branche laut Gartner zu.
Trotzdem sagen 39 %, dass ihre bisherigen Bemühungen hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Woran liegt das?
Und wie kann eine Technologie wie Mobility as a Service (MaaS) diesen Anspruch einlösen?
Urlaub in Alicante – und 200 Touchpoints später…
Stell dir vor, du planst eine entspannte Golfwoche in Alicante
Flug und Hotel sind sicher schnell gebucht.
Doch die eigentliche Reise beginnt weit früher und endet viel später:
- Flug und Hotel finden und buchen
- Online-Checkin, Sitzplatzauswahl
- Ticket am Park & Ride kaufen
- Slot für die Sicherheitskontrolle buchen
- Anreise Flughafen mit der S-Bahn
- Gepäck aufgeben, Belege sichern
- Croissant essen und bezahlen
- WLAN am Flughafen nutzen
- Ticketkontrolle am Gate
- Getränk während des Fluges kaufen
- Am Ziel Gepäck finden und aufnehmen
- Richtiges Verkehrsmittel zum Hotel finden
- Hotel Checkin
- Restaurantplatz suchen
- SPA auswählen und buchen
- und viele mehr.
Was wie eine einfache Reise aussieht, wird schnell zu einer Aneinanderreihung von bis zu 200 Touchpoints mit verschiedensten Anbietern.
Wie genial wäre das bitte: Einfach alles – vom Flug über den Flughafensnack bis zum E-Scooter am Zielort – in einer einzigen App buchen, bezahlen und verwalten.
Kein Wunder, dass der CX-Druck in der Branche steigt.
Und genau hier setzt MaaS an.
Was ist MaaS und warum ist es mehr als ein digitales Ticket?
Mobility as a Service (MaaS) ist kein einzelnes Produkt, sondern ein Konzept: verschiedene Verkehrsmittel und Services werden in einer einzigen digitalen Anwendung gebündelt; von der Reiseplanung bis zur Bezahlung.
Nutzer:innen können per App Bus, Bahn, Flug, Ride- oder Bikesharing buchen, alles aus einer Hand.
In deutschen Städten gibt es dafür bereits Beispiele wie HVV switch (Hamburg) oder BVG Jelbi (Berlin).
Die Reisebranche, und hier vor allem die Fluggesellschaften, entdeckt MaaS nun für ein viel größeres Anwendungsfeld: den Tourismus.
Sechs CX-Vorteile von MaaS für Reisende
- Integrierte Reiseplanung
Alles in einer App: Flug, Bahn, Taxi, Scooter, Hotel. Der Reiseverlauf wird zentral geplant und verwaltet, inklusive spontaner Änderungen. - Echtzeit-Updates
Verspätung beim Zug? Flug früher erreichbar? Die App informiert, schlägt Alternativen vor oder bucht automatisch um, sofern sie dazu autorisiert wurde. - Flughafen-Navigation
MaaS kann durch den Flughafen lotsen, Wartezeiten umgehen und sogar Vorschläge für Shops oder Lounges machen, abgestimmt auf deinen Zeitplan. - Nahtloses Erlebnis
Vom ersten Klick bis zur Ankunft im Hotel: eine konsistente, bequeme Nutzererfahrung über System- und Anbietergrenzen hinweg. - Personalisierung durch Daten
MaaS-Plattformen sammeln Daten entlang der gesamten Journey. Anbieter können damit individuelle Angebote, Empfehlungen und Loyalty-Programme aussteuern. - Ökosystem statt Silos
Airlines, ÖPNV, Hotels und Serviceanbieter können durch strategische Partnerschaften neue Mehrwerte schaffen und so auch CX ganzheitlich denken.
Warum es trotzdem so schwer ist, MaaS umzusetzen
So vielversprechend MaaS für Reisende ist: in der Umsetzung stößt das Konzept auf harte Realität.
- Jede Airline baut ihr eigenes System.
Statt einer einheitlichen Plattform entstehen neue Silos. Das Ergebnis: keine echte Integration, sondern parallele Insellösungen. - Globale Buchungssysteme (GDS) sind begrenzt.
Systeme wie Amadeus oder Sabre sind zentral im Reisesektor, aber primär auf Flugticketing ausgelegt. Andere Mobilitätsservices sind schwer integrierbar. - Der neue Standard NDC hilft, aber nur teilweise.
Die IATA hat mit New Distribution Capability (NDC) einen XML-basierten Datenstandard entwickelt, um Airline-Angebote dynamisch, personalisiert und plattformunabhängig zu vertreiben. Doch NDC richtet sich primär an Fluggesellschaften, für viele andere Services ist er nicht (bzw. noch nicht)geeignet. - MaaS ist kein Produkt, sondern ein Ökosystem.
Erfolgreiche MaaS-Lösungen entstehen nicht durch eine App, sondern durch eine skalierbare Backend-Architektur, die unterschiedlichste Anbieter integriert und eine einheitliche UX sicherstellt. - User:innen sind träge.
Laut civity nutzen 95 % der Menschen ihre gewohnten Mobilitätsrouten und Prozesse; für sie ist MaaS wenig relevant. Nur eine kleine Gruppe (5 %) – vor allem Vielreisende und Geschäftsreisende – hat tatsächlich den Bedarf an flexibel kombinierbaren Angeboten. Viele heutige MaaS-Ansätze ignorieren diese Segmentierung jedoch.
Was es für eine erfolgreiche MaaS-CX wirklich braucht
Wenn MaaS funktionieren soll und dabei wirklich die Customer Experience verbessert, braucht es mehr als eine gute App.
Entscheidend sind:
- Ein gemeinsames Backend, keine Super-App
Statt überladener Alleskönner-Apps sind modulare Anwendungen sinnvoll, die auf einem gemeinsamen Backend aufbauen, abgestimmt auf Zielgruppen und Use Cases. - Flexible Integration statt vollständiger Kontrolle
Anbieter sollten überlegen, ihren Service tief in bestehende Plattformen einzubetten, beispielsweise in Google Maps oder den DB Navigator, ohne alles selbst entwickeln zu müssen. - Konsistente UX, trotz heterogener Partner
Auch wenn Mobilitätsanbieter unterschiedlich eingebunden sind: Die Nutzererfahrung muss durchgängig und intuitiv sein. - Strategische CX-Führung
MaaS erfordert ein Ökosystem-Mindset: Partnerschaften, klare Governance und technologische Offenheit, immer mit Blick auf den Mehrwert für Kund:innen.
Fazit: CX braucht Integration, nicht nur Innovation
MaaS ist ein vielversprechender Hebel, um Reisen komfortabler, effizienter und kundenfreundlicher zu machen, besonders für Vielreisende und Geschäftskund:innen.
Doch echte CX-Verbesserung gelingt nur, wenn die Branche über proprietäre Lösungen hinausdenkt und gemeinsame Standards etabliert. Große Anbieter haben dabei grundsätzlich bessere Voraussetzungen.
Fünf Impulse für CX-Verantwortliche in der Mobility- und Reisebranche:
- Denke „Journey“ statt Touchpoint, über Anbietergrenzen hinweg.
- Entwickle keine neue App, sondern ein integrierbares Ökosystem.
- Nutze NDC & Co. gezielt, aber verliere die Kundensicht nicht.
- Segmentiere nach Nutzungsverhalten, nicht nur nach Demografie.
- Baue echte CX-Allianzen statt bloßer technischer Schnittstellen.
CX wird dort besser, wo sie nicht als Produkt, sondern als Haltung verstanden wird. MaaS ist ein Weg, aber kein Selbstläufer.
